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Ausflug auf das Härtsfeld

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Autor: Birgitte Himmer

Seit März ist er geplant, unser „Schnupper“ausflug auf das Härtsfeld. Beim dritten Anlauf klappt es dann tatsächlich. Aller guten Dinge sind drei, das muss ein gutes Omen sein. Wir, d.h. Leslie und ich, starten am Theater auf der Aal (STOA) in Aalen. Das Navi lotst uns durch die Stadt, nach Ebnat und von da aus auf die berüchtigte Ebnater Steige. Es geht bergauf, hinauf auf das Härtsfeld. (…)

Wir fahren durch Elchingen Richtung Neresheim, beschließen, als Erstes einen Abstecher zum Kloster Neresheim zu machen. Auf dem Weg vom Parkplatz zur Klosteranlage wollen wir kurz im Klostergutladen vorbeischauen. Schade, der hat heute leider Ruhetag. Also geht es zurück zum Kloster, vorbei an einem hübsch dekorierten Tisch mit leckeren Erdbeeren aus dem Klostergarten, zum käuflichen Erwerb.

Im Klosterhof angekommen, lassen wir die Szenerie auf uns wirken und verschaffen uns einen Überblick, wo wir was finden. Aus den Kronen der riesigen, wohl uralten Linden, die in voller Blüte stehen, dringen ein süßer Duft und ein unglaubliches Gesumme zu uns herunter.

Wir steigen die Stufen zur Klosterkirche hinauf, und erfahren vom Messner, dass eine Führung stattfindet, wenn zur ausgewiesenen Uhrzeit mindestens fünfzehn Interessenten  zusammenkommen. Wir wollen wieder kommen und die Zeit bis dahin nutzen, um die restliche Klosteranlage zu erkunden. Zuerst besichtigen wir den Abschnitt mit etwas heruntergekommenen Gebäuden, die ehemals der Versorgungstrakt mit Ställen und Scheunen waren. Später erfahren wir, dass dieser Teil in naher Zukunft für eine zukünftige Nutzung saniert werden soll. Da wir auf einer Art Rundweg unterwegs sind, ist unsere nächste Station das Seminar- und Gästehaus. Dort im Rezeptionsbereich ist ein reges Kommen und Gehen, eine Gruppe junger Leute reist gerade an. Wir beschäftigen uns eine Weile mit dort ausliegenden Büchern und Prospekten über das Härtsfeld und das Kloster mit seinen vielfältigen Angeboten. Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass es Zeit ist zur Kirche zurück zu gehen, um die eventuell stattfindende Führung nicht zu verpassen. Leider fällt diese mangels Teilnehmern aus. Es gibt allerdings eine beachtliche Anzahl von Informationstafeln im Kirchenvorraum, die sehr gut die Geschichte und den Verlauf der Sanierung der Abteikirche erklären. Beeindruckend sind die fantastischen Deckengemälde in schwindelerregender Höhe. Mehrere Arme und Beine ragen derart provokant lebendig aus den Gemälden heraus, dass ich das Gefühl habe, wenn ich danach greife, fällt mir die dazugehörige Person in die Arme. Mir wird schummrig vor Augen, weil ich den Blick nicht abwenden kann und angestrengt in diese unglaubliche Höhe starre und überwältigt bin von der Figurenvielfalt und der satten Farbenpracht.

Leslie und ich verlassen die Kirche und begeben uns schweigend zum Parkplatz.

Endziel unseres heutigen Tagesausflugs soll das Café Stüble „Sofa“ in Dischingen sein. Deshalb fahren wir jetzt los Richtung Dischingen. Auf der Strecke kommen wir am Härtsfeldsee vorbei, der Ort, an dem Ende des Monats das Festival „Rock am Härtsfeldsee“ stattfindet. Wir legen eine Zwischenstopp ein, lassen das Seepanorama auf uns wirken, machen uns auf den Weg einmal um den See herum. Am Kiosk  holen wir uns ein Kaltgetränk, setzen uns an einen der Tische und überlegen, wo wohl die Bühne für das Festival aufgebaut wird. Auf der gegenüberliegenden Seeseite, jenseits der Landstraße, erhebt sich Rechterhand sanft ansteigend eine der typischen Wachholderheiden, links in der Ferne ragt der Turm der Burg Katzenstein in den Himmel. Und obwohl Montag ist, lassen es sich auch noch andere Menschen hier gut gehen. Aus der Unterhaltung ist ersichtlich, dass sie sich kennen und von hier sind. Wir beenden unseren Rundgang und fahren weiter.

Leslie schlägt vor, einen Schwenk nach Trugenhofen zum Schloss Thurn & Taxis zu machen. Unser Auto stellen wir auf dem Parkplatz des nahegelegenen Friedhofs ab. Wir laufen entlang einer Allee, beidseitig gesäumt von großen Linden, deren Duft betörend ist. Hinter einer hohen Mauer ragt das Schlossgebäude mit seinen Türmen und Erkern in den blauen Himmel. Wir schlagen einen Weg ein, der als Privatweg, aber auch als Radwanderweg ausgewiesen ist. Der Weg führt durch ein großes Tor, das früher sicher bewacht war und vielen Kutschen Ein- und Ausfahrt gewährt hat. Am Weg auf der rechten Seite gibt es ein Gasthaus, das augenscheinlich schon länger keine Gäste mehr bewirtet.  Ein ebenfalls verlassen wirkender Flachbau, die Vorhänge der großen Fenster sind zugezogen, veranlasst Leslie zu der Spekulation, das könnte eventuell ein Ort für unsere geplanten Projekttreffen sein. Wir wandern weiter, dem Schloss ist ein großer Garten angegliedert, er wirkt ein wenig wie eine Streuobstwiese, vor Zutritt geschützt durch einen Holzzaun, aber weniger hoch als die Schlossmauer. Irgendwann fällt uns ein, dass es hier im Umfeld des Schlosses  ja noch den „Englischen Wald“ zu besichtigen gibt. Vergeblich suchen wir nach einem Hinweis, laufen etwas orientierungslos durch die Gegend. Finden dann doch einen Trampelpfad in ein ziemlich unaufgeräumt anmutendes Waldstück. Ohne Plan schlagen wir uns durch hohes Gras, vermuten  zu unserer Linken das Schloss. Immer wieder kommen wir an Abzweigungen, denen wir nicht folgen. Dann doch noch Tafeln mit Hinweisen  und Informationen zu den Sehenswürdigkeiten des berühmten „Englischen Waldes“. Leider ist die Zeit jetzt schon ziemlich fortgeschritten, wir wollen ja noch nach Dischingen. So machen wir noch ein paar Fotos, finden zu unserem Ausgangspunkt beim Schloss zurück, lassen uns  ein letztes Mal für heute von der beachtlichen Kulisse beeindrucken. Auf dem Weg zum Auto fällt uns  ein nobles, großes “Hallen ähnliches“ Gebäude ins Blickfeld, das uns vorher nicht aufgefallen ist. Ist das etwa die fürstliche Reithalle?  Wir können nur spekulieren, denn während unserer Zeit rund um das Schloss sind wir keiner Menschenseele begegnet. Erst auf dem Weg zurück zum Parkplatz treffen wir auf ein Paar, das sein Wohnmobil am Rand der Allee geparkt hat und sich auf Liegestühlen unter dem Blätterdach einer der Linden eine Auszeit gönnt. Die beiden sind  uns schon im Klosterhof in Neresheim begegnet.

Weiter geht es nach Dischingen, wir sind sehr gespannt auf das Café Stüble „Sofa“. Wir erreichen Dischingen, das Navi lenkt uns durch den Ort, weit und breit niemand zu sehen. Der Ort hat in der Momentaufnahme etwas von einer Geisterstadt. Im Vorbeifahren entdecke ich an einem kleinen Haus die Aufschrift „Musikschule“ und „Tonstudio“.  „Tonstudio“? Wir sind in Dischingen, einem vermutlich von den Einwohnern „fluchtartig“? verlassenem Ort. Vor der nächsten Kreuzung passieren wir einen Dönerimbiss. An einer Bushaltestelle warten ein paar Jugendliche. Entwarnung! Mir fällt ein, dass hier ja die Organisatoren des „Rock am Härtsfeldsee“ leben. Auf einem Parkplatz in der Nähe des Rathauses stellen wir unser Auto ab und machen uns auf die Suche nach dem Café Stüble, auf das ich bei Recherchen über das Härtsfeld aufmerksam wurde. Unsere Suche führt uns zurück zum „Tonstudio“, ein Durchgang nebenan zeigt uns, dass wir angekommen sind. Es öffnet sich der Blick in einen Garten, und wir wissen nicht, wo wir zuerst hinschauen sollen. Viele Sitzgruppen, ausgestattet mit bunten Sofas, urigen Stühlen, Paletten mit dicken Sitzpolstern, eine Hollywoodschaukel, und Vieles mehr, überdacht durch verschiedenste Sonnenschirme in allen erdenklichen Farben. Wir sind erstmal überwältigt. Können uns nicht sofort entscheiden, wo wir sitzen wollen. Wir nehmen dann einen Platz, von wo wir den gesamten Garten bewundern können. Die Chefin kommt und fragt nach unseren Wünschen. Wir geben unsere Bestellung auf, ich suche mir einen leckeren Kuchen aus, natürlich selbst gebacken. Dann kommt die nächste Überraschung. Unsere Bestellung wird uns von der Chefin in derart liebevoll ausgesuchten Tassen und Gläsern serviert, dass wir aus dem Staunen nicht herauskommen. So persönlich und individuell wie die gesamte Gestaltung ist, so erleben wir auch die Besitzerin. Wir kommen mit ihr ins Gespräch und sie erzählt uns ihre Geschichte, von ihrem Traum –  dem Café, von Krankheit und vom Weitermachen. Sie erzählt, dass sie seit achtzehn Jahren auf dem Härtsfeld lebt und sich nicht vorstellen kann, hier noch mal weg zugehen. Sie ist interessiert und will wissen, wie wir hierher gefunden haben. Wir berichten von dem geplanten Projekt „Wir sind das Härtsfeld“, und sie wird sehr hellhörig, als das Thema Theater ins Spiel kommt. Wir sind herzlich eingeladen, wieder zu kommen und mehr Informationen zum Projekt mit zu bringen. Leider haben weder Leslie noch ich Zeit, die Einladung zur Musikveranstaltung mit der Gruppe „SixPack“ am kommenden Sonntag wahrzunehmen. Aber wir haben versprochen, wieder zukommen. Und Versprochen ist Versprochen! Auf dem Weg zum WC darf ich noch einen Blick in das kleine Indoor-Café werfen, ich bin einfach nur entzückt!

Im Auto schauen wir uns an und sind uns einig, auf dem „Härtsfeld gibt e alles: Natur, Kultur, Geschichte und Geschichten. Das Projekt wird spannend werden. Wir freuen uns darauf.

Und nun geht es wieder ins Tal nach Aalen.

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