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Tagebuch Härtsfeld Reiseführer_11

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Tagebuch 11 „Härtsfeld Reiseführer“

Autorin: Brigitte Himmer

  1. Juni: Telefonkonferenz im Team: Bestandsaufnahme – was haben wir geschafft – wo stehen wir momentan (da ist die Nuss von gestern zu knacken) – wie können wir die Stolpersteine aus dem Weg räumen, um ans Ziel zu kommen. Brainstorming – erste Lösungsansätze – Terminvereinbarung für eine Teamsitzung.
  2. Juli: Teamsitzung im Theater auf der Aal (STOA). Wir diskutieren unsere drei unterschiedlichen Lösungsvorschläge, untersuchen sie auf Für und Wider, entscheiden dann, den Schauspieler*innen einen Kompromiss vorzuschlagen.
  3. Juli: Es ist unser nächster Probentag am Härtsfeldsee. Wir sind frühzeitig vor Ort, bauen schon mal unsere mitgebrachten Requisiten auf, haben noch Zeit, einen Cappuccino zu trinken und unseren Probenplan noch mal durchzusprechen. Eine Spielerin kann heute nicht kommen, ist beruflich verhindert. Zwei kommen auf City-Rollern angefahren, jetzt haben wir drei, ich habe auch einen dabei. Egon kommt mit dem Auto zum Spielort, er war fleißig und bringt weiteres, selbst gebautes Equipment zur Probe mit. Wir setzen uns zusammen, um Organisatorisches zu besprechen, es liegt Spannung in der Luft. Leslie und ich stellen der Gruppe unser Alternativkonzept für die zweite Aufführung vor. Wir bekommen nicht die erwartete Zustimmung. Die Bedenken gegen unseren Vorschlag können wir leider nicht ausräumen. Die Spannung ist spürbar, es knistert. Klare Ansage einer Spielerin: „Zum Aufwärmen haben wir heute auch keine Lust!“ Alle Spieler*innen wollen gleich, ohne Vorbereitung, das proben, was echt Spaß macht, die Szenen für die erste Aufführung. Also legen wir los. Leslie springt wieder ein, für die Schauspielerin, die heute nicht dabei ist. Ich versuche mich etwas gefrustet an der Regiearbeit. Die angespannte Atmosphäre macht die Arbeit nicht gerade einfach, es entsteht kein wirklicher Flow, schade! Nach zwei Szenendurchläufen beenden wir die heutige Probe und fahren schweigsam zurück, verabschieden uns mit Chaos im Kopf.
  4. Juli: Um 10:00 Uhr findet im Theater auf der Aal (STOA) eine Pressekonferenz statt mit den Projektleitern des „Härtsfeldreiseführer“. Leslie und ich sind schon früher im Theater, um mit unserem Teamleiter das noch ungelöste Problem zu besprechen. Er berät sich mit zwei weiteren Verantwortlichen, kann uns letztendlich beruhigen und uns, für alle akzeptable Alternativen anbieten. Wir sind sehr dankbar und von einem großen Druck befreit. Am Abend ist eine weitere Probe angesetzt, zu der auch unser Teamleiter Sigi Hopp dazu stoßen will. Wir verabreden uns am Härtsfeldsee eine Stunde vor Probenbeginn. Ich packe noch einige neue Requisiten ins Auto, und wir fahren etwas nervös auf das Härtsfeld. Was uns wohl heute erwartet! Zu dritt sitzen wir am Kiosk, sprechen unseren Plan durch und warten. Leslie schaut immer wieder auf die Uhr, bis jetzt ist noch niemand von den Schauspieler*innen zu sehen. Ob wohl heute keiner kommt? Doch! Fast zeitgleich tauchen sie auf, weitere Requisiten im Gepäck, vervollständigen das Bühnenbild und sind ziemlich locker und gut gelaunt. Wir begrüßen uns, und ohne große Umschweife gehen wir an die Arbeit. Diesmal gibt es zwei Durchläufe jeder der drei Szenen. Das Feedback von Sigi ist für alle sehr positiv, und er kann uns noch den einen oder anderen Tipp geben. Was wir auch gleich in der Umsetzung probieren. Heute ist die Spielfreude wieder deutlich zu spüren. Wir atmen auf, und die Spieler*innen sind zufrieden und ausgeglichen. Aber wir haben noch ein Anliegen. Wir setzen uns am Kiosk zusammen, und bevor wir loslegen können, sprechen die Spieler*innen das Thema „zweite Aufführung und letzte Probe“ von sich aus an. Heute entwickelt sich eine konstruktive Diskussion, Bedenken und Kritik werden offen geäußert und ernsthaft besprochen. Und plötzlich sind alle neugierig auf das, was wir dabei haben. Auf einmal wollen sie ausprobieren, wenigstens mal schauen, was geht. Der Teil der Gruppe, der am 28. Juli nicht dabei sein kann, soll als Versuchskaninchen agieren. Wir verteilen Texte, die sie noch nicht kennen und gestern erst gar nicht kennenlernen wollten. Es klappt! Die Zuschauerperspektive wird umgedreht. Sie stellen fest, dass es ganz schön Spaß macht, was Neues zu probieren, und dass man damit durchaus Publikum erreichen kann. Ehe wir uns versehen können, plant die Gruppe schon eigenständig neue Probentermine, sowohl am See als auch in Ballmertshofen auf dem Filmfestgelände. Es ist 21:30 Uhr, wir trennen uns.

Als  Sigi, Leslie und ich zu unseren Autos laufen, schauen wir noch einmal über den See und Sigi meint: „Heute Morgen haben wir uns einen schönen Abend gewünscht, und sieh an, wir haben einen schönen Abend gehabt.“

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