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Besuch der Schauköhlerei Marcus Waldinger

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Autor: Brigitte Himmer

Meine Beziehung zum Härtsfeld war bisher eher etwas schwierig und ich wusste eigentlich nicht viel über diese Gegend außer, dass es dort oben ziemlich rau und unwirtlich sein soll. Dreimal war ich in den letzten dreißig Jahren auf dem Härtsfeld – zu einer Hochzeit in der Klosterkirche Neresheim, bei einer Kunstausstellung im Rathaus von Neresheim und einer Vernissage im  Kunsthaus Maier in Elchingen. Bei diesen Veranstaltungen gab es aber leider keine Gelegenheit, „Land und Leute“ kennen zu lernen. (…)

Und jetzt bin ich plötzlich Teil eines Projekts, das auf dem Härtsfeld stattfinden soll und das eine intensive Auseinandersetzung mit dem Leben vor Ort erfordert – den Menschen, der Natur, der Kultur, usw. Um herauszufinden, wie und wo ich Zeit nah einen ersten Einstieg finde, fange ich an zu recherchieren. Dabei stoße ich auf eine Vielzahl von Veranstaltungen, u.a. auf einen „Tag der offenen Tür“ bei der Schauköhlerei von Marcus Waldinger in der Zwing, einem Naturschutzgebiet bei Neresheim.

Der 31. Mai ist ein Feiertag und bietet sich an für einen Ausflug auf das Härtsfeld. Mein Mann samt Hund wollen mich begleiten. Das Wetter ist fast perfekt, und ich bin schon sehr gespannt, was ich dort erleben werde. Die Fahrt geht über die A7 nach Elchingen und weiter nach Neresheim, vorbei am Kloster Neresheim bis zum Parkplatz Steinmühle. Von da aus geht es zu Fuß weiter, vorbei an idyllischen Wachholderheiden, die wie zufällig mit  unterschiedlich großen Kalksteinfelsen dekoriert sind. Die Wege sind hervorragend beschildert, ein Verlaufen ist praktisch ausgeschlossen. Der Weg zum Köhler führt weiter durch einen kühlen Mischwald. Schon bevor das nächste Hinweisschild auftaucht, kann man einen kokelnden Geruch  wahrnehmen. Es kann also nicht mehr weit sein. Noch eine Wegbiegung und einen kleinen Anhang hinauf, Stimmen sind zu hören und die ersten Besucher sind zu erkennen. Am Ziel angekommen öffnet sich der Wald zu einer Lichtung. Neben dem qualmenden Meiler, der den größten Teil der freien Fläche einnimmt, gibt es eine Holzhütte, einen angegliederten Imbissstand mit überdachtem Freisitz, mehrere Sitzgelegenheiten unter den Bäumen und einen Grillplatz mit Dreibein-Grill. Auch ein blaues Dixi – Klo sticht mir ins Auge.

Der Köhler ist unschwer zu erkennen, er begrüßt uns mit Handschlag, erkundigt sich woher wir kommen. Es entwickelt sich rasch ein angeregtes Gespräch. In kurzer Zeit finden wir heraus, dass es gemeinsame Bekanntschaften gibt und es entsteht sehr schnell eine fast familiäre Atmosphäre.

Es ist Mittagszeit und die Sitzplätze sind gut belegt, man rückt zusammen und wir finden ein Plätzchen für uns. Unser mitgebrachtes Vesper lassen wir im Rucksack, wir entscheiden uns für Bratwurst mit Brötchen und Kaffee aus der Imbisshütte. Während wir essen,  können wir  den Gesprächen um uns herum entnehmen, dass einige der Besucher nicht zum ersten Mal hier sind. Es wird über das Leben auf dem Härtsfeld gesprochen, über alte Zeiten, über alte Bekannte und deren Verbleib. Die Zukunft der Jugend wird diskutiert  und das Aussterben der Gastronomie verständnisvoll bedauert.

Während sich einige Besucher verabschieden, kommen immer wieder neue dazu. Alle Altersklassen sind vertreten, ältere Paare, junge Paare, Familien mit Kindern jeglichen Alters.

An diesem Tag findet auch immer zur vollen Stunde eine sogenannte „Führung“ statt. D.h. Marcus Waldinger erklärt anschaulich vor einer stationär aufgestellten Schautafel den Betrieb eines Kohlemeilers und beantwortet ausführlich alle auftauchenden Fragen zum Thema und zu seiner Person. Wir erfahren, dass die Technik, die er bei seinem Meiler anwendet, von Zisterziensermönchen über einen sehr langen Zeitraum entwickelt und immer weiter optimiert wurde. Diese hatten das Monopol über die Holzkohleproduktion bis die Eisenbahn auf das Härtsfeld kam und die Steinkohle brachte und somit die lukrative Einnahmequelle versiegte. Die Mönche verkauften daraufhin die Produktionsrechte Gewinn bringend an die Landesfürsten, die von der Ankunft der Eisenbahn noch keine Kenntnis hatten.

Marcus Waldinger ist Köhler aus Leidenschaft, anders, meint er, könne man den Job nicht machen. Auch der Rückhalt in der Familie sei ein wichtiger Baustein. Er erzählt auf Nachfrage, wie er zu diesem Beruf gekommen ist, dass er hofft, auch weiterhin SHW in Wasseralfingen mit seiner Holzkohle beliefern zu können. Ein Großteil der „Ernte“ wird immer noch im Hochofen benötigt, um die hohen Temperaturen aufrecht zu erhalten. Der andere Teil wird als hochwertige Grillkohle vermarktet. Seine Köhlerei hat vor kurzem für seine nachhaltige Produktion das Bio-Siegel verliehen bekommen. Um den Beruf auch für nachfolgende Generationen attraktiv zu machen, ist er dabei, weitere Produkte auf Holzkohlebasis zu entwickeln, wie z.B. Seifen für die Körper- und Haarpflege.

Daneben bietet Marcus Waldinger interessierten Menschen die Gelegenheit, den Betrieb eines Meilers vom Aufbau bis zur Ernte mit zu erleben, d.h. vier bis fünf Tage, Tag und Nacht leben mit dem Meiler. Es soll schon mindestens einen Manager gegeben haben, der nach diesem elementaren Erlebnis seinen Beruf an den Nagel gehängt hat.

Nach weiteren netten Gesprächen mit anderen Besuchern machen wir uns wieder auf den Rückweg zum Parkplatz. Und wir sind uns sicher, wir werden wieder kommen.

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